Selbstwert

Darf ich zweifeln?

Mein Vormittag war heute (inhaltlich) sehr trocken. Ich befinde mich seit sechs Wochen in einem Vorbereitungs- und Erprobungstraining für eine Umschulung zur Kauffrau im Gesundheitswesen. Momentan sehen die „Schultage“ so aus, dass ich per Onlinekurs mich in grundlegende Kenntnisse zum Rechnungs- und Personalwesen einarbeite. 

Die Perspektive ist für mich schon länger klar und ich freue mich, etwas Neues zu lernen und später in eine klarer strukturierte Arbeitswelt einzusteigen. Aber ich merke, dass diese Form des Lernens mich schnell ermüdet. 

Eigentlich bin ich ein sehr kreativer und kommunikativer Mensch und an so Tagen wie heute trauere ich meinem ehemaligen Beruf als Sozialarbeiterin hinterher. Da komme ich schon ins Zweifeln, ob ich mit meiner Wahl so gut gegriffen habe. 

Aber darf ich zweifeln, jetzt, wo ich so lange um eine neue Perspektive gerungen habe? Nachdem ich gemerkt habe, dass mir der ständige intensive persönliche Kontakt mit Menschen nicht gut tut und ich mehr Struktur, abhakbare Aufgaben mit wenig emotionalen Inhalten für mich brauche, um für mein Privat-, Musik- und Familienleben genügend Ressourcen zu haben… 

Ich fühle mich gerade sehr unsicher. Aber ich glaube, das Zweifeln gehört dazu. Und – an sich machen mir die Themen Spaß. Die praktischen Übungen und Anwendungen gingen mir recht leicht von der Hand und ich war über jede „geknackte Nuss“ regelrecht aus dem Häuschen. 

Ist also jetzt alles schlecht, nur weil mich die eintönige Form des Online-Learnings anödet? 

Nein! Es ist nicht das Thema, es ist nicht meine Wahl. Es ist nur die Form des Lernens. Sie ist einfach nicht darauf abgestimmt, wie wir ticken im Gehirn. Wir denken assoziativ-vernetzt, nicht linear und zweidimensional wie eine Powerpoint-Präsentation. 

Unser Gehirn will Bezüge herstellen, Beispiele, Realität, Erfahrungen, und zwar nicht nur im Kopf, sondern auch im sinnlichen Bereich. 

Dass ich gerade frustriert bin, ist also ein völlig gesunder und natürlicher Vorgang, der mir zeigt, dass hier meine Bedürfnisse nicht befriedigt werden.  

Mein altes Denken kennt nur ganz-oder-gar-nicht. Ich tappe schnell in die Verallgemeinerung. Wenn mir etwas nicht gefällt, stelle ich schnell komplette Entscheidungen in Frage. Das ist sehr mühsam auf Dauer. Deshalb war mir heute danach, meine Gedanken aufzuschlüsseln, um herauszufinden, was genau mich eigentlich frustriert und was ich dagegen tun kann. 

Wie ich das genau mit so trockenen Themen wie Arbeitsrecht hinbiegen kann, weiß ich noch nicht, aber ich bin ja eine kreative Seele und mir fällt bestimmt noch etwas ein. 

Was ich dir auf den Weg mitgeben will: Achte darauf, ob du manchmal Dinge verallgemeinerst, ob du vorschnell etwas für dich ausschließt, weil der erste oder x-te Anlauf dich enttäuscht.

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